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Zum Flyschbegriff

Die Problematik des Flyschbegriffs ist den meisten Autoren in der Flyschliteratur bewußt. Den wenigsten allerdings ist der Umfang der mit dem Wort ,,Flysch`` verknüpften Bedeutungen klar. Da die implizit (und zum Teil auch explizit) mit dem Begriff ,,Flysch`` verbundenen Vorstellungen die Erforschung der Rhenodanubischen Flysch-Zone wesentlich mit beeinflußt haben, möchte ich an dieser Stelle kurz darauf eingehen.

Die vielseitige Auslegung des Flyschbegriffs begann bereits kurz nach seiner Einführung in die geologische Literatur. So schreibt Gümbel (1861) auf Seite 128:

,,Die andere Gruppe entbehrt dieser charakteristischen Thierreste [d.h. der Nummuliten], ist aber dafür durch sehr charakteristische Pflanzenüberreste (Fucoiden) gekennzeichnet. Nach einer Provinzialbezeichnung in der Schweiz trägt letztere den Namen Flyschbildung (nach der Auffassung und Beschreibung Studer's).``
[Hervorhebung durch Gümbel]
Dieser allgemeine Bezug auf Studer läßt offen, ob GÜMBEL sich hierbei auf den petrographischen Terminus Flysch (Studer, 1827) (s. auch S. [*]) oder den lithostratigraphischen Terminus Flysch (Studer, 1853) bezieht. 1893 definierte Schardt den Flysch als eine Lithofazies, ein Jahr später Bertrand (1894) als Fazies. So existierten also noch vor Beginn des 20. Jahrhunderts bereits vier mögliche Bedeutungen des Wortes Flysch.

Der vielleicht einschneidendste Wandel des Flyschbegriffs begann mit der Wiederbelebung der Turbidit-Hypothese (Daly, 1936; Johnson, 1939) durch Kuenen & Migliorini (1950). Der Flysch wurde nun allgemein als eine Fazies begriffen, und alsbald wurde jede mächtigere turbiditführende marine Sequenz als Flysch bezeichnet (Dzulynski & Walton, 1965). In der Folgezeit entstanden verschiedene Ansätze, um den Flyschbegriff wieder exakter zu fassen. Seilacher (1967) stellte eine Flyschdefinition auf, die drei Flyschteilaspekte, den ,,tektonischen Flysch``, den ,,sedimentologischen Flysch`` und den ,,biologischen Flysch`` unterschied. Ordnete man diese Teilaspekte in einem Dreiecksdiagramm an, so konnte man weitere Flysch-Subtypen unterscheiden. Dieser streng methodische Ansatz hat sich aber nicht durchgesetzt. Stattdessen wurde versucht, den Flysch paläontologisch zu definieren (Winkler, 1984a,b; Brouwer, 1965) oder genetisch abzugrenzen (Dewey & Bird, 1970). Vor allem durch die letztgenannte Arbeit wurde dem Begriff ,,Flysch`` explizit die Bedeutung eines orogenen Sediments im Sinne von Arbenz (1919) zugeschrieben. Interessant ist hierbei, daß die Verknüpfung von Flysch und Gebirgsbildung vorwiegend von europäischen Geologen vorgenommen wurde (c.f. Sinha & Upadhyay, 1994). Diese Bezugnahme beruht wohl im wesentlichen auf der (falschen) Beobachtung, daß man Flysche nur in Gebirgen und den ihnen assoziierten Trögen findet. Die Schlußfolgerung, daß diese Sedimente daher in einem genetischen Zusammenhang mit orogenen Prozessen stehen, ist aber keineswegs zwingend. So schreibt Miall (1988):

,,...the present tectonic setting of a fold belt or sedimentary basin may have nothing whatever to do with the tectonic setting of that area during deposition of the flysch-like facies within it.``
Hsü (1972) hatte dieses Durcheinander von petrographischen, lithologischen, faziellen und tektonischen Bedeutungen sowie die problematische Beziehung von Gebirgsbildung und Flysch vermutlich kommen sehen. Er appellierte (vergeblich), das Wort ,,Flysch`` von genetischen Kriterien unabhängig zu machen:
,,Instead I suggest that we do not include any postulated relation to orogenic chronology as part of our definition.``

Erst langsam setzte sich die von Hsü bereits 1972 geäußerte Hypothese durch, daß viele der alpinen Flysche nicht mit einer Subduktionszone sondern mit einem Transformsystem in Zusammenhang stehen, durch (Wildi, 1990; Hesse, 1982; Trümpy, 1988). Ich möchte mich daher der Meinung von Kelling & Stanley (1978) anschließen, die schrieben:

,,...the term flysch ...has lost much of its initial utility and its continued use must now be largely a confession of ignorance ...``
und den Begriff ,,Flysch-Gault`` nur noch als Eigennamen einer lithologischen Formation ohne zusätzliche, explizite oder implizite Bedeutungen verwenden. Stattdessen werden der Ablagerungsprozeß mit dem Wort Trübestrom und das dazugehörige Sediment als Turbidit bezeichnet. Die Klassifizierung der Turbidite erfolgt nach dem Schema von Bouma (1962). Wenn die Fazies gemeint ist, wird diese als Fazies bezeichnet und nach dem Schema von Pickering et al. (1986) klassifiziert.


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Wortmann U.G., (1996). Zur Ursache der hemipelagischen....
Last updated by Uli Wortmann 1999-03-09