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Zur Paläogeographie

Aus den weiter oben genannten Gründen werden in den meisten Veröffentlichungen die Sedimente der Rhenodanubischen Flysch-Zone als eine Subduktionssenken-Füllung, die einer nach Norden wandernden alpinen Deformationsfront vorgelagert war, interpretiert (z.B. Faupl & Wagreich, 1992; Wildi, 1990; Egger, 1992; Ziegler, 1988a,b). Ich halte diese Interpretation aus den folgenden Gründen jedoch für problematisch:

Abbildung 1.8: Die Sedimentationsdynamik in Turbiditsystemen gehorcht in der Regel einem Exponentialgesetz (Skalenverhalten) das den Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Stärke der Turbidite beschreibt (Mandelbrot, 1983; Rothman et al., 1994). Der Flysch-Gault zeigt hierbei ein deutlich anderes Skalenverhalten als andere Turbiditsysteme (in diesem Beispiel die Kingston Peak Formation, Rothman et al., 1994). Der starke Knick bei 1.5 m ist durch die Amalgamierung der einzelnen Bänke bedingt.
\begin{figure}
\epsfig {file=skala.eps.gz,width=13.3cm}\vskip-0.5em
\end{figure}

Welche Vorstellungen haben nun dazu geführt, daß trotz dieser zum Teil schon länger bekannten Einwände der Flysch als eine ,,Vortiefe`` der Ostalpinen Decken interpretiert wurde? Hierzu möchte ich kurz die gängigen Annahmen, auf die sich die gegenwärtigen Vorstellungen zur Paläogeographie stützen, vorstellen und kritisch kommentieren:

  1. Der Rhenodanubische Flysch wird in der Literatur wiederholt als eine Subduktionssenken-Füllung interpretiert und hierbei zum Teil sogar als Beleg für eine Subduktionszone gesehen (z.B. Wildi, 1990; Egger, 1992; Ziegler, 1988a,b). Wie im vorigen Kapitel kurz skizziert, wurde der Flyschbegriff, der zunächst nur eine regionale Bedeutung hatte, durch die Verknüpfung mit der Turbidittheorie (die globale Bedeutung besitzt) zu einer Tiefsee-Fazies umgedeutet, die damit nicht mehr regional, sondern genetisch definiert war. Der so seines regionalen Kontextes beraubte Flyschbegriff wurde mit dem Aufkommen der Plattentektonik nun seinerseits zu einem Beleg für eine Subduktionszone, die in den Alpen einer nach Norden wandernden alpinen Deformationsfront vorgelagert sein sollte - die historisch verkürzte Perspektive macht aber deutlich, daß dies ein Zirkelschluß ist.

  2. In der Literatur wird immer wieder angenommen, daß es sich bei der Rhenodanubischen Flysch-Zone um einen einheitlichen Bereich handelt (z.B. Schnabel, 1992). Diese Annahme stützt sich im wesentlichen auf das über weite Strecken einheitliche Erscheinungsbild einzelner Schichtglieder (z.B. der Zementmergel oder des Reiselsberger Sandsteins). Die tatsächliche Verfolgung einzelner Bänke entlang der Beckenachse ist bislang aber nur im Flysch-Gault zwischen Oberstdorf und Tegernsee geglückt (Hesse, 1974) (die Weiterführung bis in den Falknis-Gault konnte jedoch von Hesse, 1973, wahrscheinlich gemacht werden). Schon die Fortsetzung des Flysch-Gault in das östlich gelegene Teisenberg-Gebiet ist problematisch (Freimoser, 1972), und noch weiter östlich, im Salzburger Raum, tritt der Flysch-Gault schließlich in einer eigenständigen Fazies auf (Egger, 1992).

    Das über weite Strecken einheitliche Erscheinungsbild der Zementmergel impliziert aber lediglich einen ähnlich gearteten Ablagerungsraum. Die Schlußfolgerung, daß es sich dabei um ein einziges Becken gehandelt hat, ist möglich, aber nicht zwingend.

  3. Pober & Faupl (1988) und Faupl & Wagreich (1992) haben versucht, die paläogeographische Lage der Rhenodanubischen Flysch-Zone aus dem Schwermineralspektrum der Sandsteine abzuleiten. Hierbei wird zwischen Granat-führenden und Chromspinell-führenden Turbiditen unterschieden. Die Chromspinelle werden als ophiolithischer Detritus einer weiter südlich gelegenen Subduktionszone, wie zum Beispiel der Vardar-Sutur oder der den Nördlichen Kalkalpen vorgelagerten Subduktionszone, interpretiert. Solche Chromspinell-reichen Turbidite (z.B. der Ybssitzer Klippenzone) werden daher in das Südpenninikum gestellt. Die Granatführung hingegen zeigt, daß das Flysch-Hinterland ein stabiler kontinentaler Block war. Die Granat-haltigen Turbidite der Rhenodanubischen Flysch-Zone werden daher in das Nordpenninikum gestellt.

    Diese einfache Nord/Süd-Unterscheidung vernachlässigt aber die möglicherweise in Ost/West-Richtung auftretenden Unterschiede. Insbesondere scheint eine mittelpenninische (Oberhauser, 1968,1995) oder gar nordpenninisch/helvetische Position der Rhenodanubischen Flysch-Zone, nach den paläomagnetischen Daten von Hauck (1998) nicht mehr haltbar (s. auch Abschnitt 6.1).


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Wortmann U.G., (1996). Zur Ursache der hemipelagischen....
Last updated by Uli Wortmann 1999-03-09