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Die produktivitätssensitiven Elemente

Betrachtet man die in Kapitel 4 vorgestellten Daten, so fällt auf, daß die produktivitätssensitiven Elementverhältnisse wie Phosphor/Al, Silizium/Al und Barium/Al ähnlich den detritischen Elementen ebenfalls kein einheitliches Verhalten zeigen. Barium/Al und Silizium/Al sind vor allem in den grünen Tonsteinen erhöht, während die Phosphor/Al-Werte in den Schwarzschieferlagen erhöht sind (s. Abb.4.8). Dieser offensichtliche Widerspruch kann verschiedene Gründe haben, die im folgenden diskutiert werden:
  1. Der Quarz- und Barium-Gehalt des Sediments ist im wesentlichen detritisch bedingt, und die Zusammensetzung des detritischen Spektrums der Schwarzschieferphasen unterscheidet sich von dem der Nicht-Schwarzschieferphasen.
  2. Das Quarz- und Barium-Signal wurde diagenetisch verändert.
  3. Die beobachteten Quarz- und Barium-Werte sind ein Paläoproduktivitäts-Signal, während die Phosphor/Al-Werte in einem stärkeren Maße vom Corg-Gehalt beeinflußt werden und daher in Widerspruch mit den Quarz- und Barium-Werten geraten.

Zu Punkt 1: Das Barium/Al-Verhältnis von aluminiumsilikatischem Detritus schwankt typischerweise zwischen 34 bis 112 und liegt damit in der Größenordnung der im untersuchten Profilabschnitt beobachteten Werte (34 bis 70, s. Abb.4.8). Die auf ein wechselndes Liefergebiet hinweisenden detritischen Elementverhältnisse lassen aber keinen Zusammenhang mit dem Barium/Al-Verhältnis erkennen. Es erscheint daher wahrscheinlich, daß im untersuchten Profilabschnitt der Einfluß des Liefergebietes auf die Barium-Werte gering ist.

Zu Punkt 2: Barium kommt im Sediment hauptsächlich in Form von Baryt vor (Gingele & Dahmke, 1994). In anoxischen Sedimenten kann das Porenwasser durch sulfatreduzierende Bakterien soweit an Sulfat verarmen, daß der Baryt wieder in Lösung geht und das Barium abdiffundiert. Tatsächlich beobachtet man in vielen hemipelagischen Sedimenten sogenannte Baryt-Fronten an der Basis der Sulfatreduktionszone, an denen das gelöste Barium wieder ausgeschieden wird (Brumsack, 1989; Torres et al., 1996).

Typischerweise bilden sich solche Baryt-Fronten in hemipelagischen Sedimenten unterhalb von hochproduktiven Auftriebsgebieten aus, die neben hohen Sedimentationsraten auch durch hohe Corg-Gehalte gekennzeichnet sind. In einem solchen System werden die Sedimente so schnell versenkt, daß die Porenwässer der Sulfatreduktionszone schneller an Sulfat verarmen, als Sulfat durch Diffusion aus dem Meerwasser nachgeliefert werden kann. Ändert sich die Sedimentationsrate hinreichend schnell, so kann es unter diesen Umständen zur Bildung einer Baryt-Front kommen (Torres et al., 1996).

Im vorliegenden Fall lassen sich keine Barytanreicherungen an Redoxgrenzen erkennen (s. Abb.4.8). Vermutlich waren die Sulfatreduktionsraten im Vergleich zur Sulfatanlieferung so niedrig, daß die Sulfatverarmung nicht ausgereicht hat, Barium in Lösung zu bringen. Dies liegt wahrscheinlich an der - verglichen mit typischen Auftriebsgebieten (z.B. 6.6 cm/ka vor der Küste Perus; Wefer et al., 1990) - niedrigen Sedimentationsrate (Goldhaber & Kaplan, 1975; Berner, 1978). So zeigt zum Beispiel ein Profil aus dem Gotland-Becken, daß trotz Corg-Gehalten von mehr als 4%, das Sulfat im Porenwasser nicht vollständig aufgebraucht wird (Boesen & Postma, 1988). Ein weiterer Grund mag darin zu suchen sein, daß im hier untersuchten Profil die reaktiven Bestandteils des OM wahrscheinlich bereits innerhalb der anoxischen Wassersäule reduziert wurden und das verbleibende OM im anoxischen Milieu nur sehr langsam weiter abgebaut werden konnte (Canfield, 1989). Jørgensen (1982); Jørgensen (1983) beobachteten außerdem, daß die Sulfatreduktionsraten mit zunehmender Wassertiefe geringer werden.

Eine weitere Möglichkeit die Bariumverteilung zu beeinflussen ist die Mobilisierung von Mangan an Redoxgrenzen. Die nahe der Sedimentoberfläche wieder ausgefällten Manganhydroxide können zwischen 1000 bis 2000 ppm Barium enthalten (Dymond et al., 1984). Mangan zeigt im untersuchten Profilabschnitt eine diagenetische Umverteilung mit Manganabreicherungen in den grünen Tonsteinen und starken Mangananreicherungen an der Basis der schwarzen Tonsteine (s. Abb.4.14). Trotz des z.T. mehr als 300-fachen Mangan-Konzentrations-Unterschiedes läßt sich, bis auf den Wert bei Profilzentimeter 225 (Abb.4.14 und 4.8), kein Zusammenhang zwischen der Mangan- und Bariumkonzentration erkennen.

Darüber hinaus müßten die Prozesse, welche die diagenetische Umverteilung des Bariums verursachen, in gleicher Weise auf die Silizium-Verteilung Einfluß nehmen, da beide Signale sehr eng miteinander gekoppelt sind. Es scheint daher wahrscheinlich, daß das beobachtete Barium- und Siliziumsignal nicht diagenetischen Ursprungs ist.

Zu Punkt 3: Phosphor ist ein biolimitierender Nährstoff, der in der photischen Zone von Phytoplankton aufgenommen wird und mit diesem in tiefere Wasserschichten exportiert wird. Beim Absinken wird die organische Substanz des Phytoplanktons oxidiert, der Phosphor wieder freigesetzt und dem Oberflächenwasser wieder zugeführt (Bruland, 1983). Ein Teil des Phosphors wird dem Kreislauf durch den Export von OM in das Sediment entzogen. Steigt die Primärproduktivität, so steigt auch der Export an OM. Deshalb wird angenommen, daß die Menge an exportiertem Phosphor als Maß für die Bioproduktivität der Wassersäule benutzt werden kann.

Die Verteilung von Barium in der Wassersäule zeigt ebenfalls ein typisches Nährstoffprofil: Die oberen Wasserschichten sind stark an Barium verarmt, während die unteren Wasserschichten eine Zunahme der Bariumkonzentration mit der Tiefe zeigen. Man nimmt an, daß das Barium durch Oxidationsprozesse aus dem OM freigesetzt wird und dann in der Form frei schwebender Baryt-Partikel vorliegt (Dehairs et al., 1980; Dymond & Suess, 1992). Diese Partikel werden durch filtrierendes Zooplankton mit der Nahrung wieder aufgenommen und danach in der Form von Kotpillen in das Tiefenwasser exportiert (Dymond & Suess, 1992).

Zur Erklärung der angetroffenen Phosphor- und Barium- Verteilung wird das folgende Modell vorgeschlagen: In einer normalen Wassersäule wird der Phosphor fast vollständig regeneriert, und nur etwa 10% des Phosphors werden in das Sediment exportiert, während Barium nur zu etwa 10% regeneriert wird, und rund 90% des Bariums in das Sediment exportiert werden (s. Abb.5.2).

Abbildung: Der Phosphor- und Barium-Kreislauf in der oxischen Wassersäule. Die Zahlen geben den Export, die Regeneration sowie die Einbettung des Phosphors bzw. Bariums in beliebigen Einheiten an.
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\epsfig {file=wasser-luft.eps.gz,width=\textwidth}\vskip-0.5em
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Geht die Wassersäule in einen geschichteten Zustand über, wird das Tiefenwasser an Sauerstoff verarmen und anoxisch werden. Da die Schichtung die photische Zone von einer ihrer wichtigsten Nährstoffquellen, dem phosphatreichen Tiefenwasser, abschneidet, sinkt die Primärproduktivität und damit der Export von OM in tiefere Wasserschichten (Ryan & Cita, 1977). Aufgrund des verringerten Sauerstoffgehaltes wird beim Absinken weniger OM oxidiert. Dies hat zur Folge, daß sowohl die Exportraten aus dem Oberflächenwasser als auch die Regenerationsraten in den mittleren Wasserschichten für Phosphor und Barium kleiner werden.

Aufgrund der stark unterschiedlichen Export- und Regenerationsraten sind die Auswirkungen einer geschichteten Wassersäule auf die Einbettungsraten in das Sediment für Phosphor und Barium jedoch völlig verschieden. Ein fiktiver Rückgang der Primärproduktivität um 50% bei einer gleichzeitigen Abnahme der Regenerationsrate um 30% verursacht beim Phosphor eine Verdoppelung der Einbettungsrate. Beim Barium hingegen hätte ein 50%-iger Rückgang der Primärproduktivität bei einer 30%-igen Abnahme der Regenerationsrate eine Halbierung der Einbettungsrate zur Folge (s. Abb.5.3).

Abbildung: Der Phosphor- und Barium-Kreislauf in der anoxischen Wassersäule. Die Zahlen geben den Export, die Regeneration sowie die Einbettung des Phosphors bzw. Bariums in beliebigen Einheiten an. D.h. von fünfzig aus der photischen Zone exportierten Phosphor-Einheiten werden 30 (d.h. 60%) wiederaufgearbeitet und 20 Einheiten (d.h. 40%) in das Sediment exportiert; der Phosphorexport steigt somit trotz der verringerten Produktivität auf das Doppelte während der Bariumexport auf fast die Hälfte zurückgeht.
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\epsfig {file=wasser-stag.eps.gz,width=\textwidth}\vskip -0.5em
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Anders als beim Phosphor verstärkt also eine geschichtete Wassersäule die Auswirkungen des Rückgangs der Primärproduktivität auf die Baryt- und Quarz-Konzentration im Sediment. Der Wechsel zwischen einer geschichteten und ungeschichteten Wassersäule kann somit die Zunahme der Phosphor/Al- als auch die gleichzeitige Abnahme der Barium/Al- und Silizium/Al-Werte erklären.

Die Sichtweise, daß die Schwarz/Grün-Wechsel durch den Übergang von einer stagnierenden zu einer durchlüfteten Wassersäule verursacht werden, wird durch eine Reihe weiterer Beobachtungen gestützt:

Verschiedene Autoren haben vorgeschlagen, daß zyklisch auftretende Turbidite die Ursache der periodischen Schwarzschiefer-Einschaltungen sind (z.B. Dean & Gardner, 1982; Dean et al., 1978; Jansa et al., 1979). Um diese These zu prüfen, wurde eine Schwarzschieferlage, die unmittelbar auf einen 10 cm mächtigen Turbidit folgt, geochemisch beprobt. Hierbei zeigt sich, daß vor allem der Aluminium-Gehalt sowie der Wasserstoff- und Sauerstoff-Index durch den Turbidit stark beeinflußt werden. Der Aluminium-Gehalt und der HI-Wert gehen stark zurück, während der OI-Wert zunimmt (o. Abb.). Dieses Verhalten war nur in Zusammenhang mit Turbiditen zu beobachten. Darüber hinaus lassen sich graduelle Grün-Schwarz-Übergänge beobachten, die nicht durch Bioturbation enstanden sind. Die Hypothese, daß zyklische Turbidite die Ursache der periodischen Schwarzschiefer-Einschaltungen sind, kann damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Der von Habib (1982) vorgeschlagene Prozeß des massiven Eintrags terrestrischen OMs erscheint aufgrund der niedrigen OI-Werte, des hohen m/k-Index (siehe Kapitel 2.6.3, S.[*]), der fluoreszenzmikroskopischen Aufnahmen sowie der $ \delta^{13}_{}$Corg-Verteilung ebenfalls als unwahrscheinlich.

Die Schwarzschieferlagen werden daher als Phasen geringer Produktivität und schlechter Durchlüftung beziehungsweise stagnierender Verhältnisse, und die grünen Tonsteinlagen als Phasen erhöhter Produktivität und guter Durchlüftung interpretiert. Der von verschiedenen Autoren (z.B. Pedersen & Calvert, 1990) vorgebrachte Einwand, daß die Oxidationsraten unter anoxischen Verhältnissen fast bis genauso groß sind wie unter oxischen Verhältnissen, widerspricht den hier gemachten Beobachtungen nicht, da bereits sehr kleine Änderungen der Oxidationsrate sehr große Änderungen im Corg-Gehalt verursachen können (Canfield, 1989). Insbesondere steht die Annahme, daß die Schwarzschiefer Hochproduktionsphasen entsprechen, im Widerspruch zur angetroffenen Silizium- und Barium-Verteilung.


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Wortmann U.G., (1996). Zur Ursache der hemipelagischen....
Last updated by Uli Wortmann 1999-03-09